Schreiben als Hauptberuf – wie?, darum geht es heute im Autor_innensonntag. Ich möchte das ganze noch um ein „warum?“ ergänzen.
Ehrlich? Natürlich träumen wir Schreibenden doch von DEM Durchbruch, DEM Bestseller, den wir schreiben, dem natürlich noch viele weitere folgen. Großverlage und Agenturen reißen sich um uns, Vorschüsse werden gezahlt, wir sind Dauerrenner in den Bestseller-Listen und dann ruft natürlich noch das Nobelpreis-Komitee an. Schließlich haben wir genug Ruhm und Ehre eingeheimst, das Konto freut sich, die Altersvorsorge ist gesichert, wir können uns auf unseren Landsitz zurückziehen und weiterschreiben.

Ähm. Ja. Es wird aber nur ein schöner Traum bleiben, denn die Wirklichkeit sieht ganz anders aus. Selbst wenn Vorschüsse gezahlt werden, man bei einem Großverlag untergekommen ist, selbst dann reicht das Geld oft nicht zum Leben. Der Brotjob muss her, mit dem man ein verlässliches Einkommen hat, um das Schreiben zu finanzieren. Von uns kleinen Schreiberlingen, bei Kleinverlagen oder im Selfpublishing wollen wir mal gar nicht reden. Schreiben und Veröffentlichen ist ein Luxus, den sich nicht viele leisten können.
Schauen wir uns im DIY- und Handmade-Sektor um. Da gibt es wunderbare Formeln zur Preisgestaltung der zu verkaufenden Produkte. Kurz zusammengefasst: (Materialkosten x 2 + Zeit (Stundenlohn, min. 10 €, eher mehr) + Gewinn) x 2 = Verkaufspreis
Das ist eine der Formeln, die man dort findet.
Gehen wir mal vom Selfpublishing aus. Als Materialkosten kommt da nicht nur das Recherchematerial rein, sondern auch die Kosten für das Lektorat, das Korrektorat, den Buchsatz, das Cover. Die Werbungskosten. Marketing. Die Zeit. Wie lange brauchst Du, um ein Buch zu schreiben? Und dazu gehört nicht nur die reine Schreibzeit, dazu gehört auch die Recherche, das Überarbeiten, das Marketing, der Austausch mit anderen Personen. Soll ich noch weitermachen?
Wir ahnen schon, dass ein so entstandenes Produkt fast unbezahlbar wäre. Bei Kleinverlagen sieht es nicht anders aus (btw, auch die tragen sich nicht von alleine. Viele Verlagsinhabende brauchen auch noch einen Brotjob, um sich zu finanzieren).
Der Buchmarkt ist an ganz vielen Stellen kaputt. Schreiben ist ein Luxus. Bücher sind viel zu billig. Und da helfen auch keine Forderungen, wie „Man muss es nur wollen.“, „Du brauchst halt einen Business-Plan.“, „Ich habe es auch geschafft!“, „Harte Arbeit, A*backen zusammenkneifen.“ Nein. Viele Menschen können das nicht und es täte gut, die eigenen Privilegien anzuerkennen und nicht von sich auf andere zu schließen und sich selbst als den einen wahren Weg anzuerkennen.
Vieles muss sich ändern, in dieser Welt, in dieser Gesellschaft. Wir brauchen eine ganz andere Herangehensweise. Bücher sind wichtig, Bücher sind Teil unserer Kultur. Schreiben ist wichtig. Lesen ist wichtig. Das sollte anerkannt und honoriert werden, doch mit dem jetzigen, auf Leistungsoptimierung ausgerichteten Wirtschaftssystem funktioniert das nicht. Zumal ja auch der Brotjob nicht immer ganz einfach ist. Und oft gibt es auch noch eine Familie, die Zeit und Aufmerksamkeit braucht. Wo soll da die Zeit zum Schreiben herkommen?
Ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre vielleicht ein erster Schritt. Weg von einer Leistungsgesellschaft ein weiterer.
Um zum Anfang zurückzukommen – Schreiben als Hauptberuf, wie? Die Antwort ist momentan leider „Gar nicht.“ Nicht so, wie es momentan läuft.
Ganz zum Schluss noch ein paar persönliche Worte. Ich würde meinen „Brotjob“ im Museum nicht für das Schreiben aufgeben wollen. Zu sehr hängt mein Herz daran. Aber eine Umverteilung wäre schön. 3 Tage Museum, 2 Tage Schreibzeit? Eine Aufteilung zwischen dem einen und dem anderen? Tja, nur leider bringt das Schreiben nicht genug Geld ein, um sich das ernsthaft zu überlegen. Wobei es vielleicht auch daran liegt, dass es nur nebenher läuft. Tja. Damit drehen wir uns wieder im Kreis.
Ein allerletztes Wort: Als lesende Menschen solltet ihr die Arbeit der Schreibenden honorieren. Billigbuchpreisaktionen sind auch nicht unbedingt der Burner. Als Schreibende solltet ihr eure Privilegien anerkennen und nach Kräften die Menschen unterstützen, die dies nicht haben. Und ganz wichtig: haltet zusammen und haut euch nicht gegenseitig in die Pfanne.