In der 3. Folge von „Moon Knight“ stoßen Astronomie und Altägypten aufeinander – passenderweise zwei meiner Leidenschaften, deswegen widmen wir uns in diesem Beitrag nicht nur den altägyptischen Hintergründen von „Moon Knight“ sondern auch den astronomischen! Kommt mit in den Sternenhimmel!

Altägyptische Astronomie?
Die Weltsicht der Menschen im alten Ägypten war eine vollkommen andere als unsere heutige rationale, wissenschaftliche Herangehensweise. Für sie war die Welt von den Göttern erschaffen und vom Göttlichen durchdrungen. Himmel und Erde waren nurmehr Erscheinungsformen des Göttlichen. Deswegen haben die Menschen damals auch nie den Anspruch gehabt, Himmelsereignisse wie Sonnen- oder Mondfinsternisse vorherzuberechnen. Sie beobachteten den Himmel lediglich, legten in großen Tabellen die Positionen der sogenannten Dekan-Sternbilder fest. Solche Sterntabellen finden sich im Innern von Särgen oder auf den Decken der Königsgräber und dienten nur zur Bestimmung der Zeit in der Nacht.
Priester-Astronomen beobachteten jede Nacht von den flachen Dächern der Tempel aus den Himmel, um so die Stunden der Nacht festlegen zu können.
Navigation
Steven behauptete, dass für die Menschen im alten Ägypten die Navigation ohne Landmarken in der Wüste schwierig gewesen sei und sie so Sonne und Sterne genutzt hätten.
Nun, zum einen müssen wir hier unterscheiden zwischen Navigation und Orientierung. Man hat nicht in dem Sinne navigiert, aber es war den Menschen wohl schon klar, dass die Sonne auf der einen Seite des Himmels aufgeht und sie an der anderen untergeht. So etwas wie bei uns den Nordstern, der die Himmelsrichtung angibt, gab es damals aber nicht. Im Niltal selbst brauchte man sowieso keine große Orientierung am Himmel. Man hatte den Nil (mit Richtung flussaufwärts und flussabwärts) und die beiden Ufer – damit hatte man die notwendigen vier Richtungen festgelegt.
Triangulation am Nachthimmel hat man nicht betrieben, diese „erfand“ man erst zu griechischer Zeit, auch Koordinaten oder die exakte Positionierung von Landschaftsmerkmalen hat man so in Ägypten nicht gehabt.
Eine der wenigen Karten, die man aus dem alten Ägypten überliefert hat, ist der Turiner Lagerstätten-Papyrus, der aber auch nicht zur Orientierung oder Navigation diente, sondern Stein-Lagerstätten im Wadi Hammamat angab.

Die Verschiebung des Himmels
Um den Sternenhimmel vor 2000 Jahren rekonstruieren zu können, meint Khonshu, den gesamten Himmel verschieben zu müssen, weil sich ja die Position der Sterne seitdem verschoben habe.
Ja, also, nein. Die Sterne haben zwar eine Eigenbewegung, aber die ist minimal und zu vernachlässigen.
Im Laufe der Zeit verschiebt sich aber der Sternenhimmel als gesamtes – das ist die sogenannte Präzession. Wie bei einem Kreisel taumelt nämlich die Erdachse und beschreibt innerhalb von 26.000 Jahren einen scheinbaren Kreis am Himmel. Zu unserer Zeit heute scheint die Erdachse im Norden auf den Polarstern zu weisen, weswegen wir mit ihm die Nordrichtung bestimmen. In altägyptischer Zeit (um 2.000 v. Chr.) war dies der Stern Thuban im Sternbild Drache – so etwas passiert aber nicht überraschend und ließe sich mit einem entsprechenden Programm leicht berechnen …

Da die Menschen im alten Ägypten so intensiv und auch über lange Zeit den Himmel beobachtet haben, ist ihnen auch die Präzession bewusst geworden. So gehörte einst der Große Wagen (im alten Ägypten der Rinderschenkel) zu den Sternbildern, die nie unter dem Horizont verschwinden und die in jeder Nacht des Jahres zu beobachten sind. Durch die Präzessionsbewegung änderte sich jedoch der sichtbare Himmelsausschnitt und der Wagen / Rinderschenkel verschwand unter dem Horizont. Man vermutete nun, dass der Gott Seth das Halteseil des Rinderschenkels durchschnitten habe …
Sternbilder
Auch im alten Ägypten haben die Menschen Sterne zu Sternbildern zusammensortiert, aber wir haben keine präzisen Karten des Sternenhimmels. So können wir nur wenige Sternbilder unserer Zeit mit den altägyptischen in Übereinstimmung bringen: den oben erwähnten Rinderschenkel oder das Sternbild des Himmelsjägers Orion, das für die Menschen damals den Gott Osiris am Himmel darstellte und das auch ganz kurz in der „Moon Knight“-Folge auftauchte!

Die Sonnen-8
Zum Schluss ein astronomisches Detail, dass den meisten entgangen sein dürfte. Bei der Verschiebung des Himmels sind helle Streifen zu erkennen – Sonne, Mond und Planeten, die schnell in der Ekliptikebene (der Umlaufbahn der Erde um die Sonne, auf die scheinbare Himmelskugel projiziert) durchlaufen. Irgendwann ist dann eine 8-Figur zu erkennen. Das ist das „Analemma“, kurz erklärt die Position der Sonne am Himmel, wenn man jeden Tag zur selben Zeit ein Bild von ihr machen würde. Diese 8 entsteht dadurch, dass zum einen die Erdbahn elliptisch ist und diese Bahn auch noch zum Himmelsäquator um 23,5° geneigt ist.
Das war viel Input! Wenn ihr euch noch ein wenig mehr für die spannende Astronomie im alten Ägypten interessiert, dann schaut doch mal in diese zwei Artikel in dem Magazin MAAT des Ägyptischen Museums hinein, oder hört euch meinen Vortrag zu altägyptischer Astronomie auf YouTube an!
Weißt Du, wieviel Sterne stehen? – Artikel in MAAT 09
Der Lauf der Zeit – Artikel in MAAT 10
Rinderschenkel und Dekane – Vortrag bei YouTube